Innenentwicklung - ein wichtiges Thema in der Dorferneuerung
Allgemein: Innenentwicklung in der Stadt und auf dem Land
Unter Innenentwicklung wird die Erweiterung und Mobilisierung von Nutzungspotenzialen im Innenbereich und in überplanten Gebieten einer Gemeinde verstanden. Ziel der Innenentwicklung ist eine bauliche Verdichtung des Siedlungsraumes, damit Ausweisungen für Siedlungszwecke vermieden und die Suburbanisierung gebremst werden.
Das Hauptargument für die Innenentwicklung sind die hohen ökologischen Kosten der Inanspruchnahme von Freiraum im Außenraum für bauliche Zwecke. Da aber Innenentwicklung nicht immer automatisch auch umweltverträglich ist, ist ein planerisches Gesamtkonzept notwendig, das nicht allein baulich orientiert ist, sondern Verdichtungsmaßnahmen des Siedlungsbestandes ganzheitlich betrachtet.
Die soziale Verträglichkeit der Innenentwicklung ist davon abhängig, ob diese ausschließlich aus Verdichtungsmaßnahmen oder aus einer umfassenden städtebaulichen Erneuerung des Bestandes besteht. Die Gewinnung und Mobilisierung von Baurechten über Innenentwicklungsmaßnahmen gilt als weitaus kostengünstiger als das Bauen im Außenbereich, da Neubauten im Bestand an bereits existierenden Infrastrukturen angeschlossen werden oder bestehende Einrichtungen mitnutzen können.
Im Gegensatz dazu fallen im Außenbereich hohe öffentliche Infrastrukturkosten an.
In den 90er Jahren hat sich der Flächenbestand für Innenentwicklungsmaßnahmen durch den ökonomischen Strukturwandel, das Freiwerden von militärischen Liegenschaften und eine veränderte Standort- und Liegenschaftspolitik großer Unternehmen wie der Bahn oder der Post stark erhöht. Daher sehen viele Kommunen eine bestandsorientierte Siedlungsentwicklung wieder als vorrangige Aufgabe in ihrer Stadtplanung an. Entscheidend für die Planung einer strategischen Innenentwicklung ist die Flächennutzungsplanung. Diese muss zwischen einer innen- und außenbereichsorientierten Mobilisierung bzw. Schaffung von Baulandpotenzialen abwägen und kann so den realistischen Rahmen einer bestandsorientierten Siedlungsentwicklung abstecken.
Innenentwicklung in Dorfkernen
In stadtnahen ländlichen Gemeinden ist eine starke Zersiedlung der Landschaft, bedingt durch die seit den 60er Jahren stattfindende Suburbanisierung zu beobachten. Die Zuzüge in diese suburbanen Räume sind nicht nur auf Städte, sondern auch auf peripher gelegene, ländliche Räume zurückzuführen. Hierbei ist besonders ein Wegzug der Altersgruppe über 20 Jahren aus dem ländlichen Raum zu konstatieren, dessen Folgen schon längere Zeit ablesbar sind und sich im Hinblick auf den demographischen Wandel noch verstärken werden.
Zu diesen Folgen gehören zählen leerstehende und dem Verfall preisgegebene Wohn- und Wirtschaftsgebäude, eine rückläufige Versorgungsinfrastruktur (z. B. kaum noch Lebensmittelläden in den Dörfern), keine Unterstützung der älteren Generation durch Familienangehörige mehr auf Grund der Abwanderung usw..
Um dem raumordnerischen Grundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse in der gesamten Bundesrepublik Deutschland nachzukommen, muss es eine Förderung dieser abgelegenen Dörfer geben. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist hierbei auch die Innenentwicklung: seit Jahrzehnten werden in peripheren Dörfern Neubaugebiete ausgewiesen, damit die Kinder der Ortsansässigen dort bauen können. Dies ist auf Grund der hohen Abwanderungsrate natürlich positiv zu betrachten, dennoch werden die Potentiale in den Dorfkernen unzureichend benutzt. Der Umbau von Scheunen kann ein modernes Wohnen mit dem historischen Ambiente, das heutzutage oftmals künstlich geschaffen wird (Landhausstil) sehr gut ermöglichen, was die Erfolge aus dem Förderprogramm der Dorferneuerung zeigen.
Das Potential in den Dorfkernen ist sehr groß und wächst weiter.
Maßnahmen zur Innenentwicklung
Um der fortlaufenden Ausbreitung der Siedlungsfläche entgegenzuwirken und eine Lenkung hin zur Innenentwicklung zu erreichen, müssen verschiedene Maßnahmen und Instrumente angewendet werden.
Zum einen sollte vor jeder Baulandausweisung genaustens geprüft werden, ob der Bedarf nicht auch innerhalb des Ortes gedeckt werden kann, z. B. durch Scheunenumbau, neue Erschließung von der Rückseite des Grundstückes, Entkernung und das Schließen von Baulücken.
Sinnvoll wäre auch ein ganzheitliches Dorfmarketing, in dem die Gemeinde nicht nur ihre Bauplätze im Neubaugebiet, sondern auch die umnutzbaren Gebäude und Grundstücke am Markt anbieten würde, möglichst gleich mit Ideenskizzen zur möglichen Nutzung. Auf Grund des Baulandkatasters kann die Gemeinde eine freiwillige Bauplatzbörse einrichten, in der verkaufswillige Eigentümer ihre Bauplätze und bebauten Grundstücke aufführen können. Über die Einsicht im Bausamt und die Weitergabe der Bauplatzliste an Maklerbüros und an die Immobilienabteilungen der örtlichen Banken, kann in der Regel ein rascher Kontakt zu interessierten Bauherren hergestellt und die Baulücke geschlossen oder das leerstehende Anwesen umgenutzt werden.
Das Leben im Dorf kann als Gegensatz zum anonymen Großstadtleben oder zum individualisierten Wohnen im Neubaugebiet gesehen werden. Dieses bietet eine besondere Lebensqualität, da sich aus den traditionellen sozialen Strukturen im Dorf neue Formen der gegenseitigen Unterstützung entwickeln können. Das Beispiel der Dienstleistungstauschringe, wo unter anderem Hilfen wie Rasen mähen gegen Socken stricken getauscht werden können, ist in der heutigen individualisierten Gesellschaft eine Besonderheit. So kann jeder Ortsbewohner in Beziehungen eingebunden werden.
Falls die Gemeinden es schaffen, nachhaltige Entwicklungen zu planen und die Dorfgemeinschaft zum Engagement für ihren Ort zu motivieren und dabei zu unterstützen, ist eine positive Zukunft auch für periphere Dörfer möglich.